• 04 JAN 16
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    Cushing Syndrom

    Infoblatt Equines Cushing Syndrom (ECS) /PPID

    1. Definition

    Bei dem Equinen Cushing-Syndrom – „Hyperadrenokortizismus“, PPID „Pituitary Pars Intermedia Dysfunction“ – des Pferdes handelt es sich in der Regel um strukturelle Veränderungen der hormonbildenden Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Bisher ist man davon ausgegangen, dass es sich um Veränderungen im Sinne eines Hypophysenadenomes (gutartige Veränderung) handelt. Inzwischen geht man eher von neurodegenerativen Veränderungen aus, die gekennzeichnet sind durch den Untergang dopaminerger Neuronen (Nervenzellen) i.B. des Hypothalamus. Als Auslöser dieser Erkrankung wird oxydativer Stress vermutet. Die Erkrankung betrifft – mit Ausnahmefällen – vor allem ältere Pferde.

    2. Symptome

    Den Pferdebesitzern fällt oft zuerst der stark verzögerte oder gar ausbleibende Fellwechsel bzw. ein auffällig langes bis lockiges Fell der Tiere auf (Hirsuitismus). Vor allem bei jüngeren erkrankten Pferden kann dieses Symptom zu Beginn der Erkrankung noch ausbleiben. Weitere Symptome dieser Erkrankung sind: vermehrtes Schwitzen (auch in Ruhe und bei kälterer Witterung), Leistungsinsuffizienz und insgesamt reduziertes Allgemeinbefinden, Muskelatrophie (v.a. am Rücken sichtbar), Fettumverteilungen (Fettpolster über den Augen, im Nackenkamm, „Hängebauch“), Erweichen bindegewebiger Strukturen (Pferde werden z.T. v.a. hinten durchtrittig bei vormals normaler Gliedmaßenstellung), etc.

    Das sicherlich am meisten gefürchtete Symptom ist die Hufrehe – leider in vielen Fällen auch erst der Grund für das Hinzuziehen eines Tierarztes!

    3. Diagnostik

    Es kommen mehrere Tests zum Nachweis der Erkrankung in Frage. Ich gebe der Bestimmung des ACTH-Wertes den Vorzug. Dieser Wert bietet sich auch zur Kontrolle der Medikamentendosis sehr gut an. Es ist eine einmalige Blutentnahme hierfür ausreichend. ACTH (Adrenokortikotropes Hormon) ist das Hormon, welches bei einem Großteil der erkrankten Pferde durch die Hirnanhangsdrüse vermehrt gebildet wird. Es unterliegt z.T. deutlichen saisonalen Schwankungen, was wiederum auch für die Therapie wichtig ist: von Spätsommer bis Herbst (August bis Oktober ca.) kommt es – auch bei gesunden Pferden – zu einem Anstieg der ACTH-Konzentrationen im Blut, die je nach Höhe auch mal ein ECS bei einem gesunden Pferd vortäuschen können. Im Zweifelsfall sollte man zu Jahresbeginn bzw. spätestens im Frühjahr den Wert nachtesten. Die Höhe des ACTH-Wertes korreliert nicht zwingend mit der Schwere der Erkrankung. Hier bietet sich die Bestimmung des Insulinwertes zusätzlich an, um ggf. einen Hinweis auf eine Insulinresistenz zu bekommen.

    Fällt der ACTH-Test negativ aus, und besteht trotzdem noch der Verdacht eines ECS /PPID kommen weitere Tests in Frage, wie z.B. der Low-Dose-Dexamethason-Test.

    4. Therapie

    Der „Goldstandart“ der ECS-/PPID-Therapie ist die Gabe des Dopaminagonisten Pergolid (Präparat: Prascend der Fa. Boehringer-Ingelheim – Pergolid-Mesilat). Das „low-dose-Protokoll“ veranschlagt eine Richtdosis von 1 mg für ein 500kg-Pferd. Wenn keine klinische Besserung unter der Therapie eintritt bzw. der ACTH-Wert keine entsprechende Veränderung zeigt, kann die Dosis bis auf das fünffache erhöht werden. Die meisten Großpferde kommen mit eine dreiviertel bis eineinhalb Tabletten aus.

    Eine Veränderung des Verhaltens (Pferde wirken wieder munterer / „jünger“) kann man oft schon nach einigen Wochen beobachten. Das Fell verändert sich oft erst nach dem nächsten Fellwechsel – es kann auch sein, dass diesbezüglich keine 100%ige Besserung zu erreichen ist. In vielen Fällen scheren die Pferdebesitzer meines Klientels die Patienten trotzdem. Bezüglich der Muskulatur kann es bis zu einem halben Jahr dauern, bis sichtbare Veränderungen eintreten.

    Ich empfehle meinen Patientenbesitzern nach Erreichen der geplanten Erhaltungsdosis diese ca. 6 Wochen lang beizubehalten. Dann sollte erstmalig eine Kontrolle des ACTH-Wertes erfolgen. Abhängig von der Höhe des Ausgangswertes und dem dann erreichten Wert kann eine weitere Dosisanpassung notwendig sein. Alleine der ACTH-Wert sollte jedoch nicht ausschlaggebend sein für die Anpassung der Dosis – im Vordergrund sollte immer die klinische Symptomatik stehen.

    Begleitend können eine Veränderung des Fütterungs- bzw. Haltungsregimes von Bedeutung sein. Wichtig ist besonders bei an ECS-erkrankten Pferden der ausgeglichene Mineral- und Vitaminhaushalt (Selen, Vitamin E!) sowie eine angepasste stärkearme Ration. Optimalerweise wird Pferden mit Insulinresistenz ein grobstengeliges Heu (reduzierter Zuckergehalt) evt. eingeweicht gefüttert sowie auf Futtermittel mit hohem glycämischen Index verzichtet (hierzu gehören auch Möhren, Melasseschnitzel etc!). Bei zu dünnen Pferden kann eine Energiezufuhr über einen Ölzusatz zum Futter erfolgen.

    Eine bedingte Therapiealternative kann in Einzelfällen alleine oder begleitend das Extrakt des Mönchspfeffers (Vitex agnus castus) darstellen (Kombipräparat Corticosal der Fa. Navalis). Im Rahmen einer Doktorarbeit ist in einer Studie an ECS-erkrankten Pferden die signifikant positive Wirkung auf die klinische Symptomatik belegt worden – leider kann bei dieser Therapieform jedoch nicht die Kontrolle über den ACTH-Wert erfolgen, da dieser nahezu unbeeinflusst bleibt.

    5. Prognose

    Die meisten Pferde zeigen eine deutliche Verbesserung der Symptomatik bis hin zum Erreichen ihrer „alten Form“ und können so noch über viele Jahre nicht nur ein pferdegerechtes Rentnerleben führen, sondern evt. auch noch von ihren Besitzern entsprechend reiterlich genutzt werden. Nur in wenigen Fällen gelingt es nicht, die Pferde akzeptabel einzustellen.

    Bitte bedenken Sie, dass die Therapie eine lebenslange Therapie ist! Sie sollte unter kritischer Beobachtung der klinischen Symptome erfolgen. Spreche Sie mich bitte an, wenn Ihnen Symptome auffallen, bei denen es sich evt. um eine Verschlechterung / Progression des ECS bzw. PPID handeln könnte.

    Anbei noch ein paar Tipps zur Tablettengabe:

    – Werden die Tabletten erstmalig gegeben, empfehle ich, bei einem Großpferd (500 kg) zunächst mit einer halben Tablette anzufangen (0,5 mg) – für 2Wochen. Danach kann eine Dosiserhöhung auf eine dreiviertel oder eine ganze Tablette erfolgen

    – Manche Pferde werden mit der Zeit bezüglich der Akzeptanz der Tabletten sehr „mäkelig“ – mir wird oft von Pferdebesitzern erzählt, dass die Pferde keine Äpfel/Möhren etc. mehr nehmen. Lösen Sie die Tabletten einfach in etwas warmem Wasser auf und spritzen die Lösung dann direkt ins Maul Ihres Pferdes

    – Wenn möglich sollte die Tablettengabe täglich morgens erfolgen

    Die erwartete Dosis Ihres Pferdes _____________________ beträgt ______mg bzw. ______ Tabl.

    Bei Fragen bezüglich der Medikamentengabe oder auch der Rationsgestaltung bzw. des Haltungsregimes stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung!

     

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